Rot-Grün sieht außerschulische Kinder- und Jugendbildung als Auslaufmodell!!

Endlich haben auch in Niedersachsen die Sommerferien begonnen und damit auch die vielen Sommerfreizeiten und –aktivitäten der Kinder- und Jugendverbände, die vor allem von ehrenamtlich arbeitenden Jugendlichen getragen werden. Gleichzeitig flattern in diesen Tagen die ersten korrigierten Bewilligungsbescheide der Stadt bei den Jugendverbänden ein. Darin werden seitens der Behörde, auf Grundlage von Vorjahresabrechnungen, die Kürzungen der nicht vertragsgebundenen Sachmittel um 10% vorgenommen. Die ehrenamtlichen Vorstände, die sich oft ebenfalls in den Maßnahmen befinden, haben nun bis zum 31.08. diesen Jahres Zeit, das zu prüfen und eventuell Einspruch einzulegen.

Hier stellt sich nun die Frage mit welchem Kalkül die Stadt einen solchen Zeitpunkt wählt.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt die außerschulische Kinder- und Jugendbildung als Auslaufmodell betrachten und sie im Zuge der Sanierung ihrer Haushaltslücken in ihrem Gestaltungsspielräumen weiter einschränken wollen. Dieser Verdacht hat sich bereits im Zuge der verordneten Mitarbeit in den stadtteilbezogenen Sonderkommissionen zur Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit aufgedrängt, da hierbei oft eine Indienstnahme der Vereine und Verbände, ohne Berücksichtigung ihrer jeweiligen besonderen Profile angestrebt zu werden scheint.

Da das Einsparpotential bei einer Kürzung der nicht-vertragsgebundenen Sachmittel um 10% für die Stadt denkbar gering ist, diese Einsparung für die Verbände aber einen großen finanziellen Einschnitt darstellt, geht es offenbar vor allem um eine Beschneidung des Gestaltungsfreiraums von Kindern und Jugendlichen, die sich außerschulisch ehrenamtlich engagieren.

Betroffen hiervon sind nicht nur die Aktivitäten vieler Jugendverbände, wie Ferienfreizeiten, internationale Begegnungen und politische sowie gesellschaftliche Kinder- und Jugendarbeit in Gruppenstunden und Arbeitskreisen, sondern auch die von freien Trägern betriebene Arbeit in Jugendzentren und der aufsuchenden Jugendarbeit in den Stadtteilen.

Die Stadt Hannover gibt sich bei den Kürzungen recht „sozial“ indem sie lediglich den nicht durch Verträge gebundenen Bereich in ihren Streichungen einbezieht. Aber genau diese Ausgaben sind es, die ohnehin schon zu knapp sind.

Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen leben von der Anleitung zur Selbstorganisation und Partizipation und von Spontanität. Es geht darum, sie andere Lebenswelten und Alternativen zu einem teilweise tristen, oft medial bestimmten Alltag entdecken zu lassen, gemeinsam eigene Ideen umsetzen zu dürfen. Sie können lernen, Verantwortung für ihr eigenes Leben und auch für andere zu übernehmen, sich kritisch mit sich selbst und ihrer Umgebung auseinanderzusetzen und Konflikte friedlich zu lösen.
Kurz:
Es geht darum Kinder und Jugendliche zu verantwortungsbewussten und mündigen BürgerInnen zu entwickeln außerhalb des auf Bildungsabschlüsse fokussierten Schulsystems.

Aber genau diese Aktivitäten sind nicht planbar und benötigen ein hohes Maß an flexiblem finanziellen Gestaltungsspielraum, den die Stadt nun abbauen will, genauer: schon abbaut!

Fragwürdig ist zudem eine Reduzierung von Zuwendungen im August eines Jahres für das laufende Haushaltsjahr anzukündigen und auch umzusetzen!
Die Jahresplanung in den Verbänden ist seit Monaten abgeschlossen. Für viele bedeutet das nun ihre Aktivitäten für den Rest des Jahres auf Finanzierbarkeit zu überprüfen und Maßnahmen ersatzlos zu streichen.

Was folgt dann in den nächsten Jahren?
Erleben wir einen weiteren Abbau von finanziellen Mittel der freien Jugendarbeit?
Findet Bildung und der Erwerb von Sozialkompetenzen nur noch in der Schule statt?

Die rot-grüne Ratsfraktion muss sich nun wirklich einmal selbstkritisch hinterfragen, ob eine solche Reduzierung von Mitteln in diesem Bereich der Jugendhilfe mit dem Arbeitsprogramm der Ratsperiode 2011 – 2016 im Einklang steht.
„Die städtischen Zuwendungen, z. B. an die vielen sozialen und kulturellen Einrichtungen, Sportvereine und Beratungseinrichtungen, sind ein unverzichtbarer Bestandteil der städtischen Infrastruktur. Das bestehende Volumen wird auch in Zukunft gesichert … im Laufe des Zeitraums dieser Vereinbarung erhöht.“

Wo ist die Beteiligung der Jugendlichen und/oder ihrer Vertreter in diesem Prozess geblieben?
„Die hannoverschen Instrumente der Kinder- und Jugendbeteiligung sind elementar für unsere weitere Beteiligungspolitik. Z. B. werden die Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit in den Stadtteilen mit der Neuorientierung dieser Arbeit bedarfsgerecht aufgestellt und weiter entwickelt, auch unterstützen wir Jugendliche in ihren Aktivitäten, die Stadt und der öffentliche Raum gehören auch ihnen.“

In dieser Form ist außerschulische Bildung in Jugendverbänden ein Auslaufmodell.
Ein konstruktiver Dialog über die gemeinsame Zukunft in Hannover sieht anders aus.